Jeder, der mal versucht hat seinen Amazon Prime Account über den Google Chromecast zu streamen, weiß, dass die großen Hersteller aus reinem Konkurrenzverhalten die Welt der vernetzten Geräte beschränken. Amazon auf Google Chrome? Da macht Amazon nicht mit. Die Alternative: In die App-Sektion seines Smart-TVs gehen, die Amazon-App ziehen, sich anmelden und dann das Prime-Konto nutzen. Nervig.

Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie Hersteller die Nutzer von ihren Systemen abhängig machen. Wir kennen das schon aus den Zeiten vor dem Internet of Things: Eine Software läuft nur auf dem Mac, eine nur auf Windows, eine App nur auf Android, die andere auf iOS. Für Benutzer, die sich nicht nur auf ein System beschränken wollen, ist das frustrierend. Zum Glück gibt es für das IoT zunehmend Lösungen, die Endnutzer von den großen Siloanwendungen unabhängig machen.

 

Die rigiden Systeme des Internet of Things

Es war ein riesiger Aufschrei, als der Audiohersteller Sonos vor einigen Jahren sein erstes Smarthome-System vorstellte: Man konnte die Boxen mit der mitgelieferten App nutzen, Musik musste über das Sonos-Interface eingelesen werden. Einfach mal einen MP3-Player anstecken? Nicht möglich. Inzwischen haben solche Premiumhersteller ihre Smarthome-Protokolle geöffnet, sodass andere Hersteller sie in ihre Systeme implementieren können. Das hängt aber immer noch vom guten Willen der Hersteller ab.

Quelle: Statista

Der Blog IoT Now zitiert eine Studie von Berg Insight aus dem Jahr 2018, in dem man schätzt, dass die Zahl der Haushalte, die Smarthome-Technologie verwenden, inzwischen bei 45 Millionen liegt. Dabei funktionieren viele Smarthome-Anwendungen immer noch vor allem über die Cloud. Einer der vermeintlich größten Wachstumsmärkte hat ein großes Problem mit Privatsphäre und Datenschutz – und das in Zeiten von zunehmendem Widerstand gegen die Ausbeutung der privaten Daten.

 

Großanbieter und offene Protokolle

Zu den Cloud IoT-Anbietern gehören natürlich Amazon und Google. Aber auch Apple oder die Telekom mit ihrem Magenta Smarthome haben ihre eigenen Systeme, Apps und Geräte, die das Haus intelligent machen sollen. Meistens handelt es sich da noch um Licht und Lichtfarben, Musikwiedergabe und Smart-TV. Inzwischen aber auch schon um Regulierung von Heizungen oder die Steuerung von Alarmanlagen. Das Problem ist: Sie lassen niemanden sonst in ihr System herein.

Und sind Smarthome-Protokolle offen – bieten sie also die Möglichkeit, ihre Potentiale zu verknüpfen – benötigt es viel Sachverstand und Zeitaufwand, um sich sein eigenes Smarthome System aufzubauen. Solche offenen Protokolle sind zum Beispiel das Lichtprotokoll hue von Philips oder das ZigBee-Funkprotokoll, Bluetooth zur kabellosen Datenübertragung und Vernetzung oder das physische KNX System, das vom Elektriker beim Hausbau mit verlegt werden muss. Wäre es nicht ein Traum alle diese Potentiale miteinander zu verknüpfen und Endverbrauchern die Möglichkeit zu geben ihr eigenes Smarthome, ihr eigenes Internet of Things, nach eigenen Bedürfnissen zu entwickeln?

 

Die Dezentralisierung des Internet of Things

Nahtlose Konnektivität aller Smart-Geräte, Sensoren und Regulatoren im Haushalt ist die Antwort auf die isolierten Ökosysteme der Hersteller und es ist das, was die Verbraucher wollen: Nicht viele Einzellösungen nebeneinander, sondern die Integration all ihrer Geräte in einem Netzwerk. Dass dafür nicht einmal eine Cloud notwendig ist, zeigen Autoren des Magazins c’t im vergangenen Monat mit ihrem Smarthome-Projekt.

Als Grundlage dafür dient ein Raspberry Pi, ein simpler Computer, der für Selbstentwicklungen und pädagogische Anwendungen entwickelt wurde. An dieser kleinen Platine finden sich Steckplätze, zum Beispiel für Hardware, die das ZigBee-Protokoll verwendet. Weiterhin wird ein MQTT-System verwendet um Daten, Zahlen und Text fehlerfrei an angeschlossene Geräte zu verteilen und von ihnen abzurufen. Das Kernstück für den Endanwender ist die Software Node-Red, mit der sich simple Zusammenhänge zwischen Zuständen (z.B. Badtemperatur), die von Sensoren erhoben (Thermometer) werden, mit Anweisungen an die Smartgeräte zu verknüpfen (Heizungsschalter aus).

Das Besondere ist die Unabhängigkeit von Servern der Anbieter: Statt alle Daten in die Cloud zu laden, schafft man sich so ein eigenes kleines Internet für den Haushalt, sozusagen ein Intranet of Things.

 

Mit Open-Source-Software das eigene Intranet of Things entwickeln

Eine Open-Source-Lösung, die alle diesen Fähigkeiten in Software integriert, ist die Plattform openHAB. Man hat sich hier ganz der Entwicklung eigener IoT-Systeme verschrieben. Neben einem umfassenden Support für zahlreiche Smarthome-Protokolle (auch die der etablierten Hersteller) bietet openHAB auch Tutorials für den Einstieg in die Welt des Internets der Dinge. Und auch die openHAB-Plattform funktioniert vollständig ohne die Cloud eines großen Anbieters.

Die openHAB-Software gliedert sich in verschiedene Bereiche: Sie bietet ein Interface, um mit den Smartgeräten zu kommunizieren, erkennt Geräte und repräsentiert sie auf der Benutzeroberfläche. Von dort aus können Verbindungen zwischen den Geräten und den von ihnen produzierten oder benötigten Informationen hergestellt werden. Schließlich kann der Nutzer Regeln festlegen: Wenn sich Information A verändert, soll Gerät B auf diese und Art und Weise reagieren.

 

Einfache Logik für IoT-Anwendungen

Die Plattform If this then that (IFTTT) hat sich den vergangenen Jahren von einer Automatisierungsplattform für Social Media zu einer Plattform fürs Internet of Things weiterentwickelt. Die Logik der Oberfläche funktioniert nach der einfachen Wenn-Dann-Logik, die man vielleicht noch aus dem Informatikunterricht kennt. So kann man bequem viele Geräte miteinander in Logikschleifen verknüpfen. IFTTT bietet außerdem eine komplette Entwicklungsumgebung, sodass Anwendungen direkt von anderen Nutzern getestet und verwendet werden können. Kleiner Wermutstropfen für alle Datenschützer: Die Anwendungen von IFTTT laufen in der Cloud der Plattform.

 

Aller Anfang ist langsam

Wer sich selbst ein Intranet schaffen will, muss sich damit abfinden, dass es nur für Schritt für Schritt gehen wird. So schreibt auch openHAB auf seiner Website (sinngemäß aus dem Englischen):

– Fangt langsam an!
– Seid bereit etwas zu lernen!
– Bleibt flexibel in den Lösungswegen, es gibt verschiedene!
– Feiert jeden kleinen Erfolg!

Kann man sich mit diesem langsamen, aber stetigen Fortschritt abfinden, eröffnet sich eine völlig neue Welt der Heimautomatisierung: Der eigene Haushalt verwandelt sich in eine Umwelt, die auf die eigenen Bedürfnisse und Kommandos reagiert. Als besondere Belohnung winkt am Ende die Unabhängigkeit von der Cloud und den großen Herstellern. Eine verbesserte Sicherheit für die eigene Privatsphäre und Daten, die fortan nur noch im eigenen Haushalt kursieren.

 

Spezielle Anforderungen an Qualitätssicherung

Durch die verschiedenen Standards und die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten aus IoT-Geräten und Web- sowie mobilen Applikationen ergeben sich besonders hohe Anforderungen an die Qualitätssicherung. Wir unterstützen bereits zahlreiche Hersteller von IoT- und Smart Home-Lösungen und unterstützen Sie gerne mit unserer Expertise.