In immer mehr Läden in Deutschland können Kunden mit ihrem Smartphone bezahlen. Nach dem Einstieg von Anbietern wie Google Pay und „Mobiles Bezahlen“ der Sparkassen könnte sich die Technologie in Deutschland weiterverbreiten. Vom Mainstream ist Mobile Payment aber weit entfernt. Wir von Appmatics zeigen den Status Quo und wie sich das Mobile Payment in Deutschland weiterentwickeln wird.
Status Quo
Es ist der Sommer des Mobile Payments in Deutschland: Nach jahrelanger Abstinenz großer Anbieter kommt nun Schwung in den Markt: Von den Internetriesen startete Google mit Google Pay Ende Juni in Deutschland. Noch im Jahr 2018 will Apple seinen Service Apple Pay in der Bundesrepublik ausrollen. Zusätzlich gibt es seit wenigen Wochen eine Sparkassen-App für das mobile Bezahlen, mit der die Bank bis zu 45 Millionen deutsche Kunden erreichen könnte, und die Volksbanken und Raiffeisenbanken ermöglichen ebenfalls neuerdings Mobile Payment. Zuvor war der Markt ziemlich zerstückelt: Die First Mover Edeka, Netto, Starbucks oder Vapiano starteten schon vor einiger Zeit hauseigene Lösungen, die spezielle Apps erfordern. Payback Pay hatte mit mehreren Partnerhändlern bisher die größte Reichweite. Alnatura, Aral, dm, Galeria Kaufhof, Real, Rewe, Tee Gschwendner und Thalia gehören zum Netzwerk.
Je nach Anbieter und Smartphone funktioniert das mobile Bezahlen unterschiedlich. Bei Payback Pay gibt es beispielsweise ein NFC- und ein Barcode-Verfahren. Da Apple am iPhone die NFC-Schnittstelle nicht freigibt, setzt Payback dort auf gescannte QR-Codes, was lange dauert und somit wenig Vorteile gegenüber anderen Methoden bietet. Für Android-Geräte gibt es bei Payback Pay auch das etwas komfortablere NFC-System.
Der Anteil des mobilen Bezahlens im Einzelhandel ist bisher verschwindend gering. Laut der EHI-Studie „Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2018“ laufen 50,0 Prozent des Einzelhandel-Umsatzes in Deutschland immer noch über Bargeld. Mit 26,3 Prozent folgt die klassische Girokarte auf dem zweiten Platz. Mobile Payment ist in der Studie nicht einmal gesondert aufgeführt und macht weniger als 1 Prozent der Bezahlungen aus.
Ausland
Während Mobile Payment in Deutschland bislang kaum stattfindet, sind andere Länder weiter. Laut Statista stieg die weltweite Nutzerzahl zwischen 2013 und 2017 von 245 Millionen auf 450 Millionen Konsumenten.
Beispielsweise in China gehört mobiles Bezahlen mittlerweile schon zum Mainstream. Etwa die Hälfte der Chinesen nutzen Dienste wie Alipay, WeChat Pay oder UnionPay. Sie können damit nicht nur in teuren Boutiquen shoppen, sondern häufig auch beim Straßenhändler bezahlen. Laut des Marktforschers iResearch wird der Markt für mobiles Bezahlen im Reich der Mitte 2018 auf 67 Billionen Yuan (8,5 Billion Dollar) wachsen.
Auch in Europa hängt Deutschland hinter den Nachbarn hinterher. In Großbritannien nutzen 12,4 Millionen Menschen mobile Lösungen zum Bezahlen und kommen 2018 auf ein Transaktionsvolumen von 1683 Euro pro Nutzer. In Frankreich nutzen immerhin 5,7 Millionen Verbraucher Mobile Payment. Deutschland kommt gerade einmal auf 2,2 Millionen Nutzer mit 80 Euro Umsatz pro Nutzer.
Es ist eher nicht zu erwarten, dass Deutschland bald zu anderen Ländern aufschließen wird. Generell sind die Deutschen beim Bezahlen sehr zurückhaltend und konservativ. Das dürfte auch der Grund sein, warum große Anbieter lange warteten, bis sie ihre Bezahlsysteme in Deutschland ausrollten oder ausrollen werden. Hinzu kommt noch, dass sich viele Banken lange dagegen sperrten, eine zusätzliche Provision an Apple Pay oder Google Pay zu zahlen.
Ausblick
Es ist nicht zu erwarten, dass das mobile Bezahlen in naher Zukunft zum Standard in Deutschland wird. Der Markt ist derzeit zu fragmentiert und Nutzer werden kaum mehrere Lösungen parallel nutzen. Der Einstieg von Unternehmen wie Google, Apple und den Sparkassen kann zwar einen Schub geben, wird alleine aber nicht reichen. Die größten Chancen dürften dabei NFC-basierte Zahlungsverfahren haben, die auf der Girocard basieren: bereits rund 80 Prozent der Kartenakzeptanzstellen in Deutschland haben ein NFC-fähiges Terminal. Und selbst Läden, die keine Kreditkarten akzeptieren, akzeptieren zumindest meist die Girocard.
Auch der Mehrwert von mobilem Bezahlen ist oft noch überschaubar und am größten, wenn der Nutzer seine Geldbörse vergessen hat. Generell sind in Deutschland nicht nur Kunden, sondern auch Händler eher vorsichtig mit neuen Bezahlsystemen. Selbst Kreditkarten werden bis heute nicht flächendeckend akzeptiert – die fehlende Akzeptanz zählt zu einem der vielen Ärgernisse beim Bezahlen.
Allerdings kann Mobile Service im Einzelhandel mehr bedeuten als nur den Bezahlvorgang an der Supermarktkasse. Beispielsweise sind mobile Coupons schon heute beliebt und bei Verbrauchern stärker akzeptiert. Auch Remote Payment ist eine Option. Ähnlich wie heute schon bei MyTaxi oder Foodora wird dabei über eine App bezahlt, der Vorgang hat aber wenig mit der Interaktion am physischen POS gemein.
Die generellen Anwendungsmöglichkeiten des Mobile Payments sind divers, wie eine Studie von GS1 zeigt. Händler und Dienstleister sehen die größten Chancen aber am stationären POS, bei In-App-Käufen und bei Person-to-Person-Zahlungen (P2P).
Quelle: gs1-germany.de
Fazit
In naher Zukunft wird mobiles Bezahlen wohl ein Nischenprodukt bleiben. Der Einstieg von Google, Apple und den Sparkassen wird zwar für mehr Aufmerksamkeit sorgen, allerdings bleibt der klare Nutzen für den Verbraucher weiter unklar. Remote Payment, also das Bezahlen von Online-Einkäufen und –Dienstleistungen innerhalb einer App, ist da deutlich weiter. Auftrieb für das Mobile Payment könnte der Einsatz von Wearables bringen, die deutlich schneller zur Hand sind als Smartphone oder Bankkarte. So bietet Fitbit neuerdings ein Wearable zum Bezahlen an. Wir von Appmatics verfolgen aufmerksam, welche Möglichkeiten sich durch Mobile Payment bieten.